BAG, Urteil v. 11.02.2015 – 7 AZR 17/13 –
Die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer nach Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters bedarf eines sachlichen Grundes. Sie kann nicht allein auf den Bezug von Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestützt werden. Die Einarbeitung einer Nachwuchskraft kann die Befristung hingegen sachlich rechtfertigen.
Die Entscheidung
Der klagende Arbeitnehmer war langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag sah keine Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters vor. Nachdem er dieses erreicht hatte und eine gesetzliche Altersrente bezog, vereinbarten die Parteien die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt. Nachdem der Vertrag bereits zweimal verlängert worden war und der Kläger erneut um eine Weiterbeschäftigung gebeten hatte, vereinbarten die Parteien die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit veränderten Konditionen. Diese Vereinbarung enthielt zudem die Abrede, dass der Kläger eine noch einzustellenden Ersatzkraft einarbeitet. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht, da ein sachlicher Grund für eine Befristung nicht vorgelegen habe.
Nachdem die Vorinstanzen die Klage noch abgewiesen hatten, war die Revision des Klägers erfolgreich. Das BAG verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG Berlin-Brandenburg zurück. Die Erfurter Richter urteilten, dass der Bezug von gesetzliche Altersrente allein die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gem. § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG nicht rechtfertige. Erforderlich sei diesem Fall vielmehr zusätzlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung des Unternehmens diene. Dies hatte das LAG Berlin-Brandenburg jedoch nicht geprüft.
Bedeutung für die Praxis
Mit der zugrunde liegenden Entscheidung hat das BAG klargestellt, dass die befristete Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers nach Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters stets eines sachlichen Grundes bedarf, und zwar unabhängig davon, ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer eine gesetzliche Altersrente bezieht. Fehlt ein sachlicher Grund bzw. wird überhaupt keine (befristete) Verlängerungsvereinbarung getroffen, entsteht im Falle der Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsdatum hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, welches nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen sowie unter Beachtung – sofern anwendbar – des Kündigungsschutzgesetzes arbeitgeberseitig gekündigt werden kann. Soll dies vermieden werden, ist in jedem Fall von der schlichten Weiterbeschäftigung ohne jede vertragliche Vereinbarung abzuraten. Ob § 41 S. 3 SGB VI hier eine rechtssichere Gestaltungsmöglichkeit für die Weiterbeschäftigung auch bei Nichtvorliegen eines Sachgrundes eröffnet, ist fraglich. Die Vorschrift ermöglicht es, den Beendigungszeitpunkt über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus zu verlängern, sofern der zu Grunde liegende Arbeitsvertrag eine Altersbefristung enthält und die Verlängerungsvereinbarung noch vor Ablauf dieser Befristung getroffen wird. Die Vereinbarkeit des § 41 S. 3 SGB VI mit Unionsrecht ist jedoch umstritten; die Wirksamkeit einer hierauf gestützten Befristung ohne Sachgrund daher unsicher.
Die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern nach dem Erreichen des Anspruchs auf eine Regelaltersrente birgt daher Risiken für Arbeitgeber, die bedacht werden sollten. Arbeitgebern ist die frühzeitige Einholung von Rechtsrat zu empfehlen, um Gestaltungsmöglichkeiten planen und nutzen zu können.