LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 2016 – 5 Sa 365/15 –
Wird ein Arbeitsvertrag ausdrücklich zur Elternzeitvertretung aber zugleich mit einem festen Beendigungsdatum versehen befristet geschlossen, ist in der Regel nur von einer kalendermäßigen Befristung auszugehen. Diese kann zudem nur schriftlich verlängert werden.
Die Entscheidung
Die Klägerin wurde bei der Beklagten, einem Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, als Mitarbeiterin zur Elternzeitvertretung befristet eingestellt. Die maßgeblichen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag vom 30. September 2013 lauten:
1. Frau … wird
vom 01.10.2013 bis 07.03.2015 (Ende Elternzeit Fr. E.)
als Mitarbeiterin in der Hauswirtschaft … befristet eingestellt.
Grund der Befristung: Elternzeitvertretung Frau E.
…
9. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf der in Punkt 1. genannten Frist. …“
Vor Ablauf der Befristung teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 20. Januar 2015 mit, dass die vertretene Mitarbeiterin die Elternzeit um drei Monate verlängert hätte und weshalb sich auch ihr Arbeitsverhältnis entsprechend bis zum 7. Juni 2015 verlängert.
Das Arbeitsverhältnis wurde daraufhin fortgesetzt, die Arbeitnehmerin klagte jedoch vor dem Arbeitsgericht Trier und begehrte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die letzte Befristung vom 20. Januar 2015 enden werde. Die vereinbarte Zeitbefristung sei abgelaufen und eine Verlängerung der Befristung sei nicht wirksam vereinbart worden, weshalb das Arbeitsverhältnis nunmehr unbefristet fortbestehe.
Im laufenden Verfahren verlängerte dann die vertretene Mitarbeiterin abermals ihre Elternzeit, worauf die Beklagte schriftsätzlich mitteilte, das Arbeitsverhältnis der Klägerin ende nunmehr zum 7. Juni 2016.
Zuletzt beantragte die Klägerin erstinstanzlich festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die zuletzt erfolgte schriftsätzliche Befristung am 7. Juni 2016 sein Ende finden wird.
Die Beklagte Arbeitgeberin beantragte die Abweisung der Klage. Sie war der Ansicht, die Parteien hätten im Arbeitsvertrag vom 30. September 2013 keine Zeitbefristung sondern vielmehr eine Zweckbefristung vereinbart. Der Zweck für die Befristung sei auch noch nicht erreicht, da sich die vertretene Mitarbeiterin ja noch in Elternzeit befinde. Das Beendigungsdatum im Arbeitsvertrag, so die Beklagte, sollte der Klägerin nur einen ungefähren Anhaltspunkt über die Dauer des Arbeitsverhältnisses geben.
Das Arbeitsgericht gab der „Entfristungsklage“ statt. Die Parteien hätten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses keine Zweckbefristung sondern eine Zeitbefristung vereinbart, welche nicht formwirksam gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG verlängert bzw. neu vereinbart wurde und demzufolge das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe.
Das LAG Rheinland-Pfalz als Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Befristungsabrede als Zeitbefristung sei aufgrund des kalendermäßig ausdrücklich genannten Befristungszeitraums im Arbeitsvertrag eindeutig. Im Anschluss an die Zeitbefristung hätten sich die Parteien zwar wiederholt auf eine Verlängerung der Befristung geeinigt, hierbei aber die gesetzlich notwendige Schriftform nicht gewahrt. Dass sich die Klägerin trotz der mündlichen Vereinbarung über die Verlängerung der Befristung nunmehr auf deren Unwirksamkeit beruft, sei auch nicht treuwidrig gemäß § 242 BGB, so das LAG Rheinland-Pfalz.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung behandelt einen in der arbeitsrechtlichen Praxis erfahrungsgemäß sehr fehlerbehafteten Aspekt des Befristungsrechts. Wird ein Arbeitnehmer nach Ablauf einer kalendermäßigen Befristung (Zeitbefristung) weiterbeschäftigt, ohne dass der Arbeitgeber dem unverzüglich widerspricht, so besteht das Arbeitsverhältnis gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG unbefristet fort.
Natürlich ist es sinnvoll, neben einer Befristung mit Sachgrund (hier: Elternzeitvertretung) gleichzeitig eine kalendermäßige Befristung im Arbeitsvertrag zu vereinbaren. Letztere trägt – im Rahmen des § 14 Abs. 2, 2 a TzBfG – nämlich die Befristung auch für den Fall, dass entgegen der Annahme der Arbeitsvertragsparteien tatsächlich gar kein wirksamer Sachgrund (mehr) gegeben ist. Der Arbeitgeber muss aber, um das ungewollte Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zu verhindern, darauf achten, dass vor Ablauf des vereinbarten und nach dem Kalender bestimmten Beendigungsdatums die Befristung entweder durch beiderseitige schriftliche Vereinbarung verlängert wird oder der Arbeitnehmer über das Beendigungsdatum hinaus nicht weiter beschäftigt wird. Hierbei ist es unbeachtlich, dass neben der kalendermäßigen Befristung ggf. auch (weiterhin) ein Sachgrund für die Befristung vorliegt. Entscheidend ist allein der Ablauf der Zeitbefristung bei anschließender Weiterbeschäftigung.