– Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2018 – 8 AZR 26/18 –
Nun hat auch das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitnehmer bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers keinen Anspruch auf die Pauschale gemäß § 288 Absatz 5 BGB haben.
Die Entscheidung
Geklagt hatte ein langjähriger Arbeitnehmer auf Zahlung rückständiger Besitzstandszulagen für die Monate Juli bis September 2016 und daneben auf die Verzugspauschale gemäß § 288 Absatz 5 BGB in Höhe von jeweils 40,- EUR für jeden Monat, in dem die Zulagen nicht gezahlt wurden. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage jeweils vollumfänglich stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht dagegen hat die Klage in Höhe der Verzugspauschale abgewiesen. § 12 a Absatz 1 Satz 1 ArbGG schließe als speziellere Norm zu § 288 Absatz 5 BGB nicht nur die Erstattung erstinstanzlicher Prozesskosten, sondern auch die Verzugspauschale aus.
Bedeutung für die Praxis
Arbeitnehmer haben im Falle des Arbeitgeberverzugs mit Arbeitsentgelt hiernach keinen Anspruch auf die Verzugspauschale des § 288 Absatz 5 BGB, womit die verspätete oder auch die Nicht-Zahlung von Lohn und Gehalt für den Arbeitgeber, von Verzugszinsen einmal abgesehen, jedenfalls gegenüber dem Arbeitnehmer weiterhin sanktionslos bleibt.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist nach unserer Ansicht eine Fehlentscheidung, da § 12 a Absatz 1 Satz 1 ArbGG nach unserem Verständnis keine Spezialnorm zu § 288 Absatz 5 BGB darstellt.
Sinn und Zweck des § 12 a Absatz 1 Satz 1 ArbGG ist insbesondere die Reduzierung des Kostenrisikos des rechtssuchenden Arbeitnehmers. Dafür schließt die Norm eine Erstattungspflicht der gegnerischen Prozesskosten auch im Falle des Unterliegens aus: Jeder trägt also nur seine eigenen Kosten. Dies gilt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts sogar für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, beispielsweise aus Verzug, weshalb auch verzugsbedingte vorprozessuale Anwaltskosten nicht erstattet werden müssen. Nun möchte § 288 Absatz 5 BGB aber dem Verzugsgläubiger gar keine Pauschale für materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche gewähren. Etwas sondern dient der Umsetzung von Artikel 6 der Richtlinie 2011/7/EU (Europäische Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs). Hiernach haben solche Verbraucher einen Anspruch auf eine Verzugspauschale in Höhe von 40,- €, die gegen einen Unternehmer einen Zinsanspruch aus Verzug haben. Der Anspruch auf den Pauschbetrag soll gemäß Artikel 6 Absatz 2 RL 2011/7/EU ohne Mahnung entstehen und den Beitreibungsaufwand des Verbrauchers entschädigen, der ggf. kein echter Verzugsschaden ist. Es soll nach der Richtlinie also ein Trostpflaster für den verzugsgebeutelten Gläubiger mit Anspruch auf Verzugszinsen sein, der entweder keinen weiteren Schadensersatzanspruch wegen des Verzugs hat oder insoweit untätig bleibt.
Es bleibt also abzuwarten, ob der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts hier wirklich das letzte Wort haben wird. Denn die große Mehrzahl der Landesarbeitsgerichte war bisher gegenteiliger Ansicht und es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, dass die Pauschale erneut beim Bundesarbeitsgericht landet und dann ggf. vor einem anderen Senat. Sollte dieser vom 8. Senat abweichen, wird sich der Große Senat der Sache annehmen.