LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 4.3.2015, 2 Sa 31/14 –
Der Wunsch eines Arbeitnehmers nach einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Befristung des Arbeitsverhältnisses gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG sachlich rechtfertigen.
Von einem Wunsch kann allerdings dann gesprochen werden, wenn die Arbeitnehmerin nach einer langen Überlegungsfrist das Angebot ihres Arbeitgebers an seine leitenden Führungskräfte zur Umwandlung des unbefristeten Arbeitsvertrages in ein zum 60. Lebensjahr befristetes Arbeitsverhältnis zusammen mit attraktiven finanziellen Anreizen (Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung ab dem 60. Lebensjahr, Zahlung eines Einmalkapitals) annimmt.
Die Entscheidung
Die Mitarbeiterin eines Großunternehmens klagt gegen die Befristung ihres Arbeitsvertrags. Die Beklagte hat ihre betriebliche Altersvorsorge umgestellt. Nach dem neuen Modell erwerben die Beschäftigten einen Anspruch auf das Versorgungsguthaben als vorzeitige Altersleistung, wenn das Arbeitsverhältnis ab Vollendung des 60. Lebensjahres aber vor Erreichen der festen Altersgrenze, endet. Zugleich soll die Arbeitsvertragsdauer der leitenden Führungskräfte auf das 60. Lebensjahr begrenzt werden. Zu diesem Zweck erhalten alle neu eingestellte Führungskräfte nur noch Arbeitsverträge, die bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres befristete sind. Den noch unbefristet beschäftigten leitenden Führungskräften und somit auch der Klägerin, bot die Beklagte den Abschluss eines entsprechend befristeten Vertrags an. Zur Überbrückung bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters sollte die Klägerin nach dem neuen Altersvorsorgemodell mit ihrem Ausscheiden einen Betrag von 104.000,- € erhalten.
Nach einer Bedenkzeit von 28 Monaten nahm die Klägerin das Angebot an, klagte aber anschließend wieder auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses, da die Befristung nach ihrer Ansicht, neben weiteren vorgebrachten Unwirksamkeitsgründen, sachlich nicht gerechtfertigt sei.
In erster Instanz unterlag die Klägerin. Im Berufungsverfahren gab nun auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg der Beklagten Recht und wies die Berufung der Klägerin zurück. Die Befristung sei wirksam, da sie gem. § 14 Absatz 1 Nr. 6 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) aufgrund eines in der Person der Klägerin liegenden Grundes gerechtfertigt sei. Die Befristung sei nämlich auf Wunsch der Klägerin zustande gekommen. Zwar ging die Initiative zur Umwandlung des Arbeitsverhältnisses ursprünglich von der Beklagten aus und das bloße Einverständnis eines Arbeitnehmers mit einer Befristung stelle nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keinen Wunsch im Sinne des § 14 Absatz 1 Nr. 6 TzBfG dar. Jedoch könne die Annahme der Klägerin nach einer dermaßen langen Bedenkzeit gerade nicht mehr als bloße Reaktion auf das Angebot der Beklagten verstanden werden. Die Klägerin sei dann vielmehr selbständig auf die Beklagte zugegangen. Zudem habe die Klägerin ohne Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit zwischen der unbefristeten Weiterbeschäftigung und der befristeten Beschäftigung mit dem hohen finanziellen Anreiz wählen können.
Bedeutung für die Praxis
Die vorliegende Entscheidung macht nochmals die hohen Hürden für Sachbefristungen allein auf Wunsch eines Arbeitnehmers deutlich. Für eine Befristung auf Wunsch des Arbeitnehemers genügt es eben nicht, dass sich der Arbeitnehmer mit der Befristung einverstanden erklärt. Hieran ändert auch eine anders lautende Formulierung im Arbeitsvertrag nichts. Die Befristung muss vielmehr dem wirklichen, vom Arbeitgeber unbeeinflussten Wunsch des Arbeitnehmers entsprechen. Erforderlich ist wie in der vorliegenden Entscheidung, dass aufgrund von objektiven Anhaltspunkten ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers, nur befristet beschäftigt zu werden, erkennbar ist. Hierbei ist zu fragen, ob der Arbeitnehmer auch bei einem Angebot des Arbeitgebers auf unbefristete Beschäftigung, nur ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hätte (BAG, Urteil vom 06.11.1996 – 7 AZR 909/95). Das Besondere am Urteil des LAG Baden-Württemberg ist in diesem Zusammenhang, dass die Richter aufgrund der sehr langen Bedenkzeit, in der Unterzeichnung des befristeten Arbeitsvertrags nicht mehr die bloße Reaktion der Klägerin auf das Angebot des Arbeitgebers ansahen, sondern ihr faktisch die letzte Initiative zum Abschluss des befristeten Vertrags zugesprochen haben.